Winter-Ballade


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© 2009 Ralf Tauchmann



S C H N E E   I N   D I E S E M   J A H R


Vorsänger mit                            Chor der Parzen


Verkehr verebbt, die Stimmen stocken;

versprengter Wind lärmt durch die Gassen;
vereinzelt klingeln Ladenkassen;
von ferne läuten schon die Glocken;
sie rufen leis auf zum Besinnen.
Die Häuser stehn verschnupft im Nassen
und fragend tropft's aus allen Rinnen:
Wo sind die weißen Wirbelflocken?
Wo bleibt die heitre muntre Schar
der weiß berockten Tänzerinnen?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?


Nirgendwo Jauchzen und Frohlocken;

die Straßen sind wie leergeblasen;
nicht einmal plattgedrückte Nasen
von Buben, die in Stuben hocken;
die bö'gen Winterwinde bocken...
sie fegen mild und ausgelassen
der alten Burg die hohen Zinnen
und die Türme der Kirche trocken.
Wo sind vor des Winters Altar
die weissagenden Priesterinnen?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?


Das Jahr belud Kähne und Koggen

mit Waren aller Art in Massen,
so viel die Schiffsbäuche nur fassen:
Mais, Gerste, Hafer, Weizen, Roggen,
Brot, Fleisch nebst Wein von Winzerinnen,
porzellanene Teller, Tassen;
das Jahr bracht' seit seinem Beginnen
mit Hosen, Röcken, Hemden, Socken
Reichtum in Gold und Seide dar,
doch denkt noch nicht ans weiße Linnen?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?


Wo ist der schicksalhafte Rocken,
Wo ist nur unser alter Rocken,
mit dem die Parzen unser Haar
mit welchem wir das Menschenhaar
zu silbernem Lametta spinnen?
zu dünnen Silberstreifen spinnen?
Wo bleibt der Schnee in diesem Jahr?
 Gibt's keinen Schnee in diesem Jahr?



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