Ralf Tauchmann
Musik anhören
(Musikdatei: MP3  3,08 MB)

© 2010 Ralf Tauchmann


osterreise


die häuser ringsum standen schweigend·

mit nackten fenstern auf sie zeigend·
als sie vom brückenkopf verschwand
und lautlos in die tiefe sprang·

wo zwischen betonierten säulen·
durchschäumt von aufgequirlten fäulen·
ein fleckchen klaren wassers tief-
verzweifelt sie beim namen rief·

der wind wollt hastend sie erreichen·
den plan aus ihrem kopf zu streichen·
indes der straßenlärm verschlang
den nahen osterglockenklang·

so ward des mädchens todeswelle
vorübergehend haltestelle
für charons ururalten kahn·
der zufällig vorüberkam·

mit seiner stake hievte leise
der fährmann die durchnässte leiche
auf sein gefährt· mit ihrem hut
markierte er die stelle gut·

da für das junge menschenwesen
der tod nicht angemahnt gewesen·
wurd sie ganz ohne fahrpapier
des charons blinder passagier·

kein obolus· der ihm gebührte·
fand sich bei ihr· und dennoch führte
der totenmann sie schattenwärts·
als schlüg in seiner brust ein herz·

wo schweigend sie vorüberfuhren·
drang klagend kuckucksschrei aus uhren
und blickten hinter fensterglas
zyklopenaugen bläulich blass·

als man des mädchens hut gefunden·
war charon längst mit ihr entschwunden·
und der fluss wälzte voll und schwer
sein wasser dröhnend übers wehr·



ZURÜCK ZU HÖRECKE